Es ist still hier, aber zugleich auch nicht – denn wenn immer hier nichts getippt wird, schreibe ich dennoch sozusagen im Hintergrund. Auch wenn das eigentlich keiner wirklich weiß. Immer wieder und immer wieder… was ich mit den Texten so mache, weiß ich aber dann auch nicht genau. Viele von ihnen landen irgendwo auf der Festplatte und fühlen sich dort wohl, anderer Texte landen nach Lust und Laune von Zeit zu Zeit in Blogs, die ich mal kurz installiere und zugleich ein paar Tage später wieder abdrehe. Glücklich macht das aber nicht.
Nur es ist wirklich schwer, all die Dinge, die einem so auf der Zunge liegen, in getippten Wörtern festzuhalten und sie damit zu definieren – und zugleich aber auch ohne dabei die Büchse der Pandora zu öffnen. Und damit meine ich nicht irgendwelche, drastische Dinge, sondern ganz banale Sachen wie eine Geschichte vom Einkaufen, ein Erlebnis in einem Online-Forum oder auch der graue und zugleich abwechslungsreiche Alltag im Leben – alles Begebenheiten, die man deswegen nur so schwer konzentriert in einem Blog unterbringen kann, weil man seine Privatsphäre damit selber auf das radikalste verletzen würde… einen deutlich zu tiefen Einblick bieten und auch damit Assoziationen wecken würde, die man so nicht haben möchte.
Zudem läuft man ja doch fast jedem Gegenüber zweimal im Leben über den Weg, wie man so schön sagt, insofern ist es in dem digitalen Zeitalter der Unvergesslichkeit schwierig, auf Dinge Bezug zu nehmen, die vielleicht in ein paar Jahren dann in eine falsche Richtung laufen können.
Darin verborgen ist einerseits meine Vernunft, die mir klar und deutlich sagt, dass jedes falsche Wort im Netz radikale Wendungen nehmen kann, im kollektiven Gedächtnis der Suchmaschinen und Content-Grabber bestehen bleibt und jeder Satz zudem in mindestens fünf Varianten gelesen und ausgedrückt werden kann – je nach Stimmung, Verfassung und Behagen des Lesers oder der Leserin.
Ich gebe es zu – ich bewundere Blogger, die sich selbst soweit akzeptieren und dieses Selbstbewusstsein haben, dass sie es zwar schaffen, Privates und Berufliches sowie das Online-Leben klar und strikt zu trennen – zugleich aber kein Problem haben, deutlich und bestimmt ihre Meinung und Ansichten, auch wenn sie unangenehm sein können, zu vertreten. Und auch keine Scheu haben, dabei auch mal auf Widerstand und gemeinschaftlicher „De-Akzeptanz“ zu stoßen, die sich sogar auch in kleine Rants und „Shitstorms“ wandeln können. Ich gehe zwar mit den meisten dieser Blogger nicht wirklich konform, denn viele von ihnen sind Hitzköpfe und zugleich (zu) sehr Ich-bezogen und nur ihre Sicht der Welt ist scheinbar der richtige Weg, meiner persönlichen Meinung nach, aber dennoch respektiere ich sie – denn so einige von diesen Schreiberlingen schaffen dabei literarische Kunstwerke und führen banale Meinungen in ein Wortgefecht, dessen Tiefe oft erstaunlich weit reicht und viel Raum für spannende Diskussionen liefert.
Kein neues Problem – nicht umsonst habe ich ca. 2-3 Blogs im Schnitt, davon nur einer wie der hier, der einigermaßen offen ist und zugleich auch gelesen wird… und dann noch andere, temporäre Sammlungen, die durch ihre Kurzlebigkeit keinen Bestand in dem digitalen Archiv der weltweiten Vernetzung finden. Texte, wo ich eigentlich nicht will, dass sie jemand liest und zugleich auch wiederum schon. Zugleich nicht will, dass man sie mit mir als Person in Verbindung bringt und zugleich schon. Es ist ein schwieriger Kampf der Materie, dem ich mich nun schon seit über einem Jahrzehnt immer wieder stelle und bis heute gibt es keinen Gewinner dabei. Jeden Tag zögere ich auf das Neue… soll ich das jetzt schreiben oder nicht? Und meistens lasse ich es.
Zuviel Kopftransparenz hat vor fast zehn Jahren im Netz irgendwie besser funktioniert, da gab es noch diesen Respekt der eigenen Meinung eines Bloggers, Texte wurde noch nicht unzählige Male und automatisiert auf anderen Seiten mit Spam inkludiert verstreut und die Masse der netzaffinen User war auch geringer, so dass man wusste, dass der Leser, wenn er es bis zu dem Blog schaffte und wusste, was das ist, auf gleicher Höhe im gleichen Boot sitzt. Freundschaft unter Brüdern und Schwestern.
Das war auch noch die Zeit vor Facebook, Twitter und Co., die heute (leider) in kurzer Zeit Meinungen und Ansichten in Kurzform – und damit verfälscht – verbreiten und bewerten lassen. In Sekunden und damit keinem sinnvollen Kontext mehr zugeordnet oder gar entsprechen können. All das sind Überlegungen und Gewichtungen, denen man sich als Blogger mittlerweile stellen muss und sollte. Vor allem auch deswegen, weil fast jeder Aussage heutzutage irgendwie ein gezielter Hintergrund unterstellt wird – denn wer bloggt denn heute einfach so aus dem Stehgreif und als reine Ausdrucksform der Freude und des Mitteilungsbedürfnisses?
„Wichtiger als selbst die höchste Kompetenz ist der Bekanntheitsgrad; und schlimmer als jede Kritik wäre der Umfragevermerk: nicht bekannt.“ Macho 1993, 766 / Politiker als Prominente, LIT Verlag Münster
Fast jeder neue Blog, über den ich von Zeit zu Zeit so stolpere, hat heutzutage ein Ziel und meistens ist es eine bewusste Profilierung, dient der Bewerbung eines StartUps oder hat den Hintergedanken von Referenz-Sammlung und Aufwertung des eigenen Portfolios in der Welt von Millionen anderer User, die alle das Selbe wollen. Heute ist die Selbstpositionierung wichtiger denn je – sozusagen die pseudomoderne Selfie-Generation, bei der man einen möglichst perfekten Eindruck hinterlassen sollte, um nicht durch das Raster zu fallen oder gar als Fallbeispiel für misslungene Medienkommunikation zu gelten. Falsch ausgedrückte Anti-Meinungen und schnell landen passende Textauszüge und gar auch Fotos der eigenen Geschichten auf Social-Media-Plattformen und werden dort mit unzähligen Werten neu versetzt – meistens mit negativen Folgen. Und unkontrollierbar.
Den alten Haudegen der Blogger-Generation passiert das nicht so schnell, aber die waren auch damals schon starke Charakter und sie sind aufgrund ihrer Reichweite ein wenig unantastbar und eigentlich dadurch auch ungewollt gefährlich. Gerade weil ihnen Widerstand in die Hand spielt und sie noch stärker macht. Diesen Ruf habe ich mir leider bei meinen alten Blogs nicht zugelegt, soweit hatte ich vor einem Jahrzehnt damals nicht gedacht – dabei waren die Voraussetzungen äußerst rosig damals und es wäre ein leichtes gewesen. Tatsächlich, ja.
Nach wie vor überlege ich also, soll ich diesen Blog mit mehr Deutlichkeit führen und auch mal etwas abschweifender Schreiben und zugleich mein Portfolio und damit meine Person kombinieren – und bewusst mich der Konfrontation stellen, der ich erst vor wenigen Wochen mit diesem neuen Blog (…) entfleucht bin – oder bleibe ich bei dieser Zwischenlösung von gesichtslosen Profilen und verstreuten Texten unter unterschiedlichen Namen. Ich weiß es nicht… das liebe Hadern. Und das in dem Alter. Mehr Selbstbewusstsein und Entscheidungsfreudigkeit sollten eigentlich langsam hier Einzug halten.